Lektion 2
Der Prolog

Übersichtā
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Johannes eröffnet sein Evangelium mit einem wunderschönen Hymnus, dem sogenannten Prolog. Indem er in erhabener Sprache eine Zusammenfassung seines Evangeliums gibt, will er uns in dasselbe einführen und uns mit den wichtigsten Themen und Begriffen bekannt machen. Es gibt verschiedene Vorschläge von Exegeten, wie man den Prolog strukturieren kann. Wir werden die beiden folgenden Vorschläge analysieren:
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A – Das Wirken des Wortes in der Schöpfung (1, 1-5)
B – Das Zeugnis des Johannes über das Licht (1, 6-9)
C – Die Menschwerdung des Wortes (1, 10-14)
B' – Das Zeugnis des Johannes über die Vorrangstellung des Wortes (1, 15)
A' – Die durch Jesus Christus gebrachte letzte Offenbarung (1, 16-18)
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A – Bild von Jesus als dem Wort Gottes (1, 1-2)
B – Jesus und die neue Schöpfung (1, 3-13)
B' – Jesus und der neue Exodus (1, 14-17)
A' – Bild von Jesu als Sohn im Schoß des Vaters (1, 18)
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Zu Beginn und am Ende des Prologs verwendet der Evangelist zwei Bilder, um die Beziehung zwischen Jesus und Gott zu beschreiben: Er ist das Wort Gottes und der Sohn des Vaters. Und in diesen Versen verwendet er Bilder aus den Schöpfungs- und Exoduserzählungen, um zu sagen, dass in Jesus eine neue Schöpfung und ein neuer Exodus stattfinden.
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Lernziele
Sie werden diese Lerneinheit erfolgreich abgeschlossen haben, wenn Sie
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die Struktur des Prologs beschreiben können;
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die Bedeutung der Bilder von Jesus als dem Wort Gottes und Jesus als dem Sohn Gottes erklären können;
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zeigen können, wie Johannes anhand von Bildern aus den Schöpfungs- und Exoduserzählungen deutlich macht, dass in Jesus eine neue Schöpfung und ein neuer Exodus stattfinden.
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Einführung
Johannes eröffnet sein Evangelium mit einem wunderschönen Hymnus, dem sogenannten Prolog. Er gibt uns damit in erhabener Sprache eine Einführung in die Geschichte Jesu Christi und stellt die wichtigsten Themen und Begriffe vor, die er später weiter entwickeln wird:
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Präexistenz Jesu
Im Anfang war das Wort […] Dieses war im Anfang bei Gott. (1, 1-2)
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Jetzt verherrliche du mich, Vater, bei dir mit der Herrlichkeit, die ich bei dir hatte, bevor die Welt war! (17, 5)
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Leben
In ihm war Leben ... (1, 4)
Denn wie der Vater das Leben in sich hat, so hat er auch dem Sohn gegeben, das Leben in sich zu haben. (5, 26)
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Licht
… und das Leben war das Licht der Menschen. (1, 4)
Ich bin das Licht der Welt. (8, 12)
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Licht vs. Dunkelheit
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Und das Licht leuchtet in der Finsternis und die Finsternis hat es nicht erfasst. (1, 5)
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Das Licht kam in die Welt, doch die Menschen liebten die Finsternis mehr als das Licht. (3, 19)
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Das Licht, das in die Welt kommt
Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, kam in die Welt. (1, 9)
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Ich bin als Licht in die Welt gekommen, damit jeder, der an mich glaubt, nicht in der Finsternis bleibt. (12, 46)
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Aus Gott geboren
Allen aber, die ihn aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu werden, allen, die an seinen Namen glauben, die nicht aus dem Blut, nicht aus dem Willen des Fleisches, nicht aus dem Willen des Mannes, sondern aus Gott geboren sind. (1, 12-13)
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Was aus dem Fleisch geboren ist, das ist Fleisch; was aber aus dem Geist geboren ist, das ist Geist. (3, 6)
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Wahrheit ā
... die Gnade und die Wahrheit kamen durch Jesus Christus. (1, 17)
Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben. (14, 6)
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Gott sehen
Niemand hat Gott je gesehen. Der Einzige, der Gott ist und am Herzen des Vaters ruht, er hat Kunde gebracht. (1, 18)
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Niemand hat den Vater gesehen außer dem, der von Gott ist; nur er hat den Vater gesehen. (6, 46)
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Der Prolog führt uns auch in die Terminologie des Johannes ein. Viele wichtige Begriffe, die im ganzen Evangelium zu finden sind, erscheinen hier zum ersten Mal.

Aber der Prolog führt uns nicht nur in diese wichtigen Themen und Begriffe ein. Er ist ein literarisches Stilmittel, das Johannes benutzt, um seine Leser behutsam zu seiner Schlussfolgerung zu bringen: „... damit ihr glaubt, dass Jesus der Christus ist, der Sohn Gottes, und damit ihr durch den Glauben Leben habt in seinem Namen." (20, 31) Er tut dies, indem er uns von Anfang an wichtige Informationen über Jesus liefert. Zum Beispiel wird uns gesagt, dass Jesus das präexistente menschgewordene Wort Gottes ist, durch das alles geschaffen wurde. Andere Personen in der Erzählung – wie die ersten Jünger, die Feinde Jesu, Nikodemus und die Samariterin – sind nicht in dieses Wissen eingeweiht und haben daher Schwierigkeiten zu verstehen, wer Jesus ist und was er sagt und tut. Die Teilhabe an der Allwissenheit des Erzählers ermöglicht es uns, die Geschichte aus seiner Perspektive zu deuten.
Die Exegeten sind sich uneins, ob der Prolog tatsächlich von Johannes geschrieben wurde. Diejenigen, die das bestreiten, behaupten, dass Johannes entweder einen bestehenden Hymnus aus einer anderen Überlieferungstradition übernommen habe oder dass jemand anders ihn später eingefügt habe. Diese Überlegungen sind jedoch Spekulationen, die weder bewiesen noch widerlegt werden können. Darüber hinaus legt die thematische Einheit mit dem übrigen Evangelium nahe, dass der Prolog vom selben Autor verfasst wurde, und selbst wenn Johannes einen anderen Text verwendet haben sollte, hat er ihn so sehr überarbeitet, dass es für uns unmöglich ist, zwischen seinen Bearbeitungen und dem Original zu unterscheiden.
Falls Johannes im Prolog Quellen verwendet haben sollte, so können wir sie nicht identifizieren, denn sie wurden so gründlich überarbeitet und zu einem Gesamtgewebe verwoben, dass es keine eindeutigen Nähte gibt. (D. A. Carson, The Gospel According to John, Apollos, 1991, S. 112)
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Der Aufbau des Prologs
Die Exegeten diskutieren auch über den Aufbau des Prologs und haben mehrere Varianten vorgeschlagen. Im Folgenden sind zwei aufgeführt, die ich überzeugend und hilfreich finde, um die Botschaft des Johannes zu verstehen. Wir sollten sie als sich ergänzend und nicht als sich ausschließend betrachten. Nach Andreas Köstenberger hat der Prolog folgende chiastische Struktur (vgl. Andreas Köstenberger, Encountering John, Baker Academic, Grand Rapids, 2013, S. 44).
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A – Das Wirken des Wortes in der Schöpfung (1, 1- 5)
B – Das Zeugnis des Johannes über das Licht (1, 6-9)
C – Die Menschwerdung des Wortes (1, 10-14)
B' – Das Zeugnis des Johannes über die Vorrangstellung des Wortes (1, 15)
A' – Die letzte von Jesus Christus gebrachte Offenbarung (1, 16-18)
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Erinnern Sie sich: Bei einem Chiasmus ist der Text nach dem A–B–C ... C'–B'–A'-Muster aufgebaut, mit dem der Verfasser unsere Aufmerksamkeit auf den wichtigsten, im Zentrum stehenden Gedanken lenken möchte. Diese Anordnung stellt die Menschwerdung („Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt.") in den Mittelpunkt.
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Der zweite Vorschlag ist eine etwas einfachere Version, die das BibleProject in seinem Video John 1 – The Word Becomes Human vorstellt.
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A – Bild von Jesus als dem Wort Gottes (1, 1-2)
B – Jesus und die neue Schöpfung (1, 3-13)
B' – Jesus und der neue Exodus (1, 14-17)
A' – Bild von Jesus als dem Sohn im Schoß des Vaters (1, 18)
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Anfang und Ende des Prologs liefern uns zwei Bilder, die die Beziehung Jesu zu seinem Vater beschreiben: Jesus als das Wort des Vaters und Jesus als der Sohn. Der Hauptteil des Prologs kann in zwei Teile untergliedert werden. Im ersten bietet Johannes eine Zusammenfassung der Geschichte Jesu unter Verwendung von Bildern und Sprache, die aus den Schöpfungsberichten der Genesis stammen. Im zweiten legt er eine weitere Zusammenfassung mit Bildern und Sprache aus der Exoduserzählung vor. Dies weist darauf hin, dass das Kommen Jesu eine neue Schöpfung und einen neuen Exodus hervorgebracht hat.
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Eröffnung und Ende des Prologs
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Die Zeilen, die den Prolog eröffnen und beschließen, zeigen das literarische Genie und die theologische Tiefe des Johannes. Ihre poetische Schönheit zieht den Leser von Anfang an in die Geschichte hinein. Im griechischen Originaltext wird das Wort, das jeden Satz in 1, 1 beschließt, am Anfang des nächsten Satzes wiederholt. Dieses poetische Mittel wird synthetischer Parallelismus genannt und war auch in der antiken hebräischen Poesie üblich. Leider wird dies in den Übersetzungen nicht deutlich, da diese normalerweise die Wortstellung ändern, um unserer modernen Syntax besser zu entsprechen. Das Folgende ist eine wörtlichere Übersetzung, die die ursprüngliche Wortstellung im Griechischen wiedergibt.
Im Anfang war das Wort,
und das Wort war bei Gott,
und Gott war das Wort.
Der aufmerksame Leser sollte auch erkennen, dass diese Eröffnung Anklänge an den Anfang der Genesis und des Markusevangeliums enthält.
Im Anfang erschuf Gott Himmel und Erde. (Gen 1, 1)
Anfang des Evangeliums von Jesus Christus, Gottes Sohn. (Mk 1, 1)
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Dies ist kein Zufall! Johannes will uns damit sagen, dass die Geschichte Jesu weder mit seinem öffentlichen Wirken in Galiläa noch mit der Schöpfung begann. Der Beginn seiner Geschichte liegt in der Ewigkeit bei Gott.
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Zwei Bilder Jesu
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Als die frühen Christen nach geeigneten Worten suchten, um ihren Glauben auszudrücken, entschieden sie sich dafür, geläufige Worte und Bilder ihrer eigenen Kultur zu verwenden, weil es dadurch für die Menschen einfacher war, sie zu verstehen und so den Glauben anzunehmen. Das theologische Vokabular, das wir verwenden, um unseren Glauben an die Dreieinigkeit auszudrücken – wie Substanz, Person, Beziehung und sogar das Wort Trinität – wurde Jahrhunderte später entwickelt, so dass Johannes nicht darauf zurückgreifen konnte. Stattdessen benutzte er zwei Bilder, damit wir die Beziehung Jesu zum Vater besser verstehen können: Wort und Sohn.
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Jesus als das Wort Gottes
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Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und das Wort war Gott. Dieses war im Anfang bei Gott.
(1, 1-2)
Das Online-Merriam-Webster-Wörterbuch definiert ‚Wort’ als „einen Sprachlaut oder eine Reihe von Sprachlauten, die eine Bedeutung symbolisieren und kommunizieren". Wir können an dieser Definition erkennen, dass Wörter aus zwei Elementen bestehen: aus einer Bedeutung und aus Klängen, die diese Bedeutung symbolisieren.
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Eine Bedeutung oder ein Gedanke existieren zunächst im Kopf einer Person, aber wenn sie ausgesprochen werden, werden sie durch einen Klang ‚verkörpert’, verlassen gewissermaßen die Person und werden zu einer eigenständigen Realität. Ein Wort ist also gleichzeitig eins mit der Person, die es denkt – als Idee im Kopf – und unterschieden von ihr – als gesprochenes Wort, das herauskommt.
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Johannes will uns mit diesem Bild sagen, dass Jesus sowohl eins ist mit Gott – das heißt mit dem Vater – als auch von ihm unterschieden. Diesen Gedanken unterstreicht er, indem er ihn in eine poetische Form bringt:
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A - Im Anfang war das Wort
B – und das Wort war bei Gott
B' – und das Wort war Gott.
A' – Dieses war im Anfang bei Gott.
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Die beiden äußeren Zeilen beschreiben die ewige Natur des Wortes: „im Anfang”. Die mittleren Zeilen drücken die Identität des Wortes aus. Es ist eins mit Gott: „das Wort war Gott”. Aber als gesprochenes Wort unterscheidet es sich auch von Gott: „das Wort war bei Gott”. Gott und das Wort sind daher sowohl eins als auch voneinander verschieden. Die theologische Schlussfolgerung daraus lautet, dass Jesus nicht einfach nur ein Mensch ist, er ist auch eine göttliche Person, die von Ewigkeit her existiert, und er ist sowohl eins mit dem Vater als auch von ihm unterschieden.
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Jesus als Sohn Gottes
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Niemand hat Gott je gesehen. Der Einzige, der Gott ist und am Herzen des Vaters ruht, er hat Kunde gebracht. (1, 18)
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Das Online-Merriam-Webster-Wörterbuch definiert das englische Wort bosom [the bosom of the Father; dt. Übs. Herzen] als „einen Zustand umhüllender Intimität; herzliche Nähe". Dieses Bild betont die Nähe und die liebevolle Beziehung zwischen dem Vater und dem Sohn. Obwohl Johannes dieses Thema am Ende des Prologs nur kurz erwähnt, wird er es im weiteren Verlauf seines Evangeliums vertiefen:
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Der Vater liebt den Sohn und hat alles in seine Hand gegeben. (3, 35)
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Der Vater hat den Sohn gesandt. (vgl. 5, 23.30)
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Der Sohn ist im Namen des Vaters gekommen. (vgl. 5, 43)
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Jesus lebt durch den Vater. (vgl. 6, 57)
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Niemand kann zu Jesus kommen, wenn es ihm nicht vom Vater gegeben ist. (vgl. 6, 65)
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Jesus tut nichts aus eigener Autorität, sondern tut alles im Auftrag des Vaters. (vgl. 7, 28).
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Jesus und der Vater sind eins. (vgl. 10, 30)
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Jesus ist im Vater, und der Vater ist in ihm. (vgl. 10, 38)
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Der Vater verherrlicht im Sohn seinen Namen. (vgl. 12, 28)
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Jesus ist der Weg zum Vater. (vgl. 14, 6)
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Jesus wird zum Vater zurückkehren. (vgl. 14, 12).
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Das ‚Wort’ in der biblischen Tradition
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Nach dem Prolog spricht Johannes nicht mehr von Jesus als dem ,Wort Gottes’. Aber das bedeutet nicht, dass dieses Bild nicht wichtig sei. Wir werden uns nun ansehen, warum Johannes es verwendet hat, und wie seine Leser es verstanden haben. Johannes benutzte den Begriff ‚Wort‘ oder Logos im Griechischen, weil er sowohl bei seinen heidnischen als auch bei seinen jüdisch-christlichen Lesern die Kenntnis des Wortes voraussetzen konnte. Für letztere war der Begriff Teil ihrer reichen biblischen Tradition.
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Gott hat die Welt durch sein Wort erschaffen, wie wir im Buch Genesis lesen:
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Gott sprach: Es werde Licht. Und es wurde Licht. (Gen 1, 3)
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Der Schöpfungsbericht wiederholt den Satz „Gott sprach” zehnmal. Wir lesen, wie Gott in den ersten drei Schöpfungstagen das ursprüngliche Chaos bezwang, indem er zunächst die entsprechende ‚Form’ oder Umgebung schuf, in der Leben möglich war, und dann in den folgenden drei Tagen diese Form mit den von ihm erschaffenen Geschöpfen füllte. Gott brachte all dies durch sein Wort hervor, das die wirkende Kraft war.
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Es finden sich weitere Stellen in der Bibel, die ebenfalls Gottes Wort mit seiner Schöpfung verbinden:
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Durch das Wort des HERRN wurden die Himmel geschaffen,
ihr ganzes Heer durch den Hauch seines Mundes. (Ps 33, 6)
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Aber neben der Erschaffung der Welt bewirkt Gott auch andere Dinge durch sein Wort. So rettet er Menschen in Not:
Sie schrien zum HERRN in ihrer Bedrängnis *
und er rettete sie aus ihren Nöten,
er sandte sein Wort, um sie zu heilen *
und sie zu befreien aus ihren Gruben. (Ps 107, 19-20)
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Und er offenbart durch das Wort seinen Willen. Als Gott Mose auf dem Berg Sinai begegnet, lesen wir:
Dann sprach Gott all diese Worte: ... (Ex 20, 1)
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Was folgt, nennen wir die Zehn Gebote, aber die Bibel nennt es die Zehn Worte.
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Er schrieb auf die Tafeln die Worte des Bundes, die zehn Worte. (Ex 34, 28)
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Schon die Rabbinen der Antike sahen die Parallele zwischen den zehn Worten, die Gott bei der Schöpfung sprach, und den ‚Zehn Worten‘, die Gott nach dem Exodus sprach. Daraus schlossen sie, dass Israels Befreiung aus der Sklaverei in Ägypten nicht nur ein sozio-politisches Ereignis war, sondern auch eine neue, geistige Schöpfung. Dadurch wurde Israel zu Gottes auserwähltem Volk.
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Wir sehen also, dass Gott die Welt erschaffen, sein Gesetz offenbart und sein Volk durch sein Wort gerettet hat. In den späten Büchern des Alten Testaments wird Gottes Wort allmählich personifiziert. Es wird beschrieben als ein persönliches Subjekt, das sich von Gott unterscheidet und in der Lage ist, allein zu handeln.
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Als tiefes Schweigen das All umfing / und die Nacht in ihrem Lauf bis zur Mitte gelangt war,
da sprang dein allmächtiges Wort vom Himmel, vom königlichen Thron herab /
als harter Krieger mitten in das Land des Verderbens. (Weish 18, 14-15)
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Da erging das Wort des HERRN an Jesaja ... (Jes 38, 4)
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Denn wie der Regen und der Schnee vom Himmel fällt / und nicht dorthin zurückkehrt,
ohne die Erde zu tränken und sie zum Keimen und Sprossen zu bringen, /
dass sie dem Sämann Samen gibt und Brot zum Essen,
so ist es auch mit dem Wort, / das meinen Mund verlässt:
Es kehrt nicht leer zu mir zurück, / ohne zu bewirken, was ich will, /
und das zu erreichen, wozu ich es ausgesandt habe. (Jes 55, 10-11)
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An diesem letzten Vers können wir sehen, wie das Wort ausgeht, um etwas zu bewirken, und sobald dies vollbracht ist, kehrt es zu Gott zurück. Dies entspricht der Mission Jesu, wie Johannes sie beschreibt. Er wurde vom Vater gesandt, um sein Werk auszuführen.
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Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, damit er die Welt richtet, sondern damit die Welt durch ihn gerettet wird. (Joh 3, 17)
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Jesus sprach zu ihnen: Meine Speise ist es, den Willen dessen zu tun, der mich gesandt hat, und sein Werk zu vollenden. (4, 34)
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Ich habe dich auf der Erde verherrlicht und das Werk zu Ende geführt, das du mir aufgetragen hast. (17, 4)
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Und sobald er es vollendet hat,
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Als Jesus von dem Essig genommen hatte, sprach er: Es ist vollbracht! Und er neigte das Haupt und übergab den Geist. (19, 30)
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kehrt er zum Vater zurück.
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Amen, amen, ich sage euch: Wer an mich glaubt, wird die Werke, die ich vollbringe, auch vollbringen und er wird noch größere als diese vollbringen, denn ich gehe zum Vater. (14, 12)
Wenn ihr mich liebtet, würdet ihr euch freuen, dass ich zum Vater gehe; denn der Vater ist größer als ich.
(14, 28)
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‚Logos‘ in der griechischen Philosophie
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Der griechische Begriff Logos war unter Philosophen der antiken griechischen Welt weit verbreitet. Heraklit (6. Jh. v. Chr.) sprach Berichten zufolge davon, dass der Logos das Universum lenkt und ordnet. Die Stoiker entwickelten diese Lehre weiter. Für sie war der Logos das rationale Prinzip, durch das alles existierte. Sie identifizierten es mit Gott. Für Philo von Alexandria, einen hellenistischen Juden, der von etwa 20 v. Chr. bis etwa 50 n. Chr. lebte, war der Logos ein Bindeglied zwischen Gott und der Welt, das er den Demiurg nannte.
Für diesen Kurs ist es nicht notwendig, diese philosophischen Ideen zu verstehen. Ich erwähne sie nur, um die Bedeutung des Begriffs Logos in der heidnischen Welt hervorzuheben. Dies könnte die Entscheidung des Johannes beeinflusst haben, diesen Begriff zu verwenden, um die Beziehung zwischen Jesus und Gott zu beschreiben. Anhand dieser Hintergrundinformationen sehen wir, dass Johannes‘ Wortwahl Logos für seinen Zweck völlig angemessen ist.
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Kurz gesagt, Gottes ,Wort’ im Alten Testament ist seine mächtige Selbstdarstellung in Schöpfung, Offenbarung und Erlösung. Die Personifizierung dieses ,Wortes’ erlaubt es Johannes, es als Bezeichnung für Gottes höchste Selbstoffenbarung, in der Person seines eigenen Sohnes, zu verwenden. Sollte sich die Verwendung dieses Ausdrucks für jüdische Leser als gelungen erweisen, so würde er auch in den Köpfen einiger Leser mit völlig heidnischem Hintergrund ein Echo auslösen. (D. A. Carson, The Gospel According to John, Apollos, 1991, S. 116)
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Der Hauptteil des Prologs
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Wie bereits erwähnt, kann der Hauptteil des Prologs in zwei Teile untergliedert werden. Diese Gliederung beruht auf der in jedem Teil verwendeten Bilder und Sprache. Der erste Teil beschreibt Jesus mit Bildern aus dem Schöpfungsbericht der Genesis. Der zweite Teil verwendet Bildern aus dem Exodus. Jeder dieser Teile kann in drei weitere Abschnitte unterteilt werden.
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Jesus und die Neue Schöpfung
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Abschnitt 1 – Schöpfungsbilder
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Alles ist durch das Wort geworden und ohne es wurde nichts, was geworden ist. In ihm war Leben und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht leuchtet in der Finsternis und die Finsternis hat es nicht erfasst. (1, 3-5)
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Johannes möchte uns zeigen, dass das Kommen Jesu in die Welt der Beginn einer neuen Schöpfung ist. Wir haben bereits gesehen, wie er die Formulierung „am Anfang" und den Begriff „Wort" in den ersten beiden Versen verwendet, um Jesus mit der ursprünglichen Schöpfung zu verbinden. Dies ist jedoch nur die Spitze des Eisbergs. Wir finden im übrigen Prolog viele weitere Verweise auf Schöpfungsbilder.
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Im dritten Vers spricht er offen über die Rolle des Wortes in der Schöpfung: „Alles ist durch das Wort geworden". Und in den beiden folgenden Versen verwendet er die Begriffe ‚Leben’, ‚Licht’ und ‚Dunkelheit’ und spricht vom Gegensatz zwischen Licht und Dunkelheit. Diese Ausdrücke werden alle aus dem Schöpfungsbericht übernommen.
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Die Erde war wüst und wirr und Finsternis lag über der Urflut und Gottes Geist schwebte über dem Wasser. Gott sprach: Es werde Licht. Und es wurde Licht. Gott sah, dass das Licht gut war. Und Gott schied das Licht von der Finsternis. Und Gott nannte das Licht Tag und die Finsternis nannte er Nacht. (Gen 1, 2-4)
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Dann sprach Gott: Das Wasser wimmle von Schwärmen lebendiger Wesen und Vögel sollen über der Erde am Himmelsgewölbe fliegen. ... Die Erde bringe Lebewesen aller Art hervor, von Vieh, von Kriechtieren und von Wildtieren der Erde nach ihrer Art. Und so geschah es. (Gen 1, 20.24)
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Allen Tieren der Erde, allen Vögeln des Himmels und allem, was auf der Erde kriecht, das Lebensatem in sich hat, gebe ich alles grüne Gewächs zur Nahrung. (Gen 1, 30)
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Diese Schöpfungsbilder sind bewusst gewählt. So wie Gottes erster Schöpfungsakt darin bestand, das Licht zu erschaffen, so ist Jesus nun gekommen, um als Licht der Welt eine neue Schöpfung hervorzubringen.
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Daraus können wir einige wichtige Schlüsse ziehen. Zum einen war die ursprüngliche Schöpfung auf das Kommen Jesu ausgerichtet. Das heißt, Gottes Erschaffung von Materie, Raum und Zeit war kein isoliertes Ereignis. Jesus kam auch nicht nur, um eine gefallene Welt zu retten. Schöpfung und Menschwerdung sind miteinander verbunden. Gottes Absicht war von Anfang an, uns zu seiner Familie zu formen, indem er uns zu seinen Kindern in Christus machte. Paulus drückt diese Idee in seinem Brief an die Epheser deutlicher aus.
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Denn in ihm hat er uns erwählt vor der Grundlegung der Welt, / damit wir heilig und untadelig leben vor ihm. Er hat uns aus Liebe im Voraus dazu bestimmt, / seine Söhne zu werden durch Jesus Christus und zu ihm zu gelangen nach seinem gnädigen Willen. (Eph 1, 4-5)
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Zum anderen, als Gott alle Dinge ins Dasein rief, tat er dies durch sein Wort, das nicht nur eine unpersönliche Kraft war, die Gott benutzt. Sein Wort ist eine göttliche Person, die sich vom Vater unterscheidet. Und Jesus, als Gottes Wort, war aktiv an der Erschaffung der Welt beteiligt. Wir finden diese Idee im gesamten Neuen Testament.
Er ist Bild des unsichtbaren Gottes, / der Erstgeborene der ganzen Schöpfung.
Denn in ihm wurde alles erschaffen / im Himmel und auf Erden, / das Sichtbare und das Unsichtbare, / Throne und Herrschaften, Mächte und Gewalten; / alles ist durch ihn und auf ihn hin erschaffen. (Kol 1, 15-16)
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Vielfältig und auf vielerlei Weise hat Gott einst zu den Vätern gesprochen durch die Propheten; am Ende dieser Tage hat er zu uns gesprochen durch den Sohn, den er zum Erben von allem eingesetzt, durch den er auch die Welt erschaffen hat. (Heb 1, 1-2)
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Vielleicht war es kein Zufall, dass Jesus Zimmermann war. Es scheint, als ob er gerne Dinge baute.
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Abschnitt 2 – Johannes der Täufer
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Ein Mensch trat auf, von Gott gesandt; sein Name war Johannes. Er kam als Zeuge, um Zeugnis abzulegen für das Licht, damit alle durch ihn zum Glauben kommen. Er war nicht selbst das Licht, er sollte nur Zeugnis ablegen für das Licht. (1, 6-8)
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Der Evangelist stellt uns nun Johannes den Täufer vor. Er muss gute Gründe dafür gehabt haben, denn er unterbricht nicht nur seinen Gedankengang, sondern unterstreicht ihn sogar noch, indem er von der Versform zur Prosa wechselt.
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Der griechische Originaltext enthält viele Wiederholungen. Wir lesen in Vers 3, dass alle Dinge di autou egéneto, das heißt, dass alle Dinge ‚durch dasselbe [das Wort] gemacht sind’. In Vers 6 und 7 heißt es dann, dass ein Mensch war (egéneto), von Gott gesandt, der kam, um Zeugnis abzulegen, damit alle durch ihn (di autou) glaubten. Es werden die gleichen Wörter verwendet, die sich sowohl auf das ‚Wort‘ als auch auf Johannes den Täufer beziehen.
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Das Evangelium erwähnt auch zum ersten Mal den Gedanken des Zeugnisablegens. Wir haben bereits gesehen, dass das Wort 47-mal vorkommt, also muss es für den Autor wichtig sein. Das griechische Wort für ‚Zeugnis geben/Zeuge sein‘ ist martyréo. Davon leitet sich das Wort ‚Märtyrer‘ ab. Johannes der Täufer war der erste christliche Märtyrer, er gab Zeugnis von Jesus, damit wir an ihn glauben.
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Das Motiv des Zeugnisablegens ist in der ganzen Bibel bedeutsam. In der Heilsgeschichte ruft sogar Gott selbst Zeugen auf, die sein Wort bestätigen: Abraham, Isaak, Jakob, Moses, die Propheten usw. Nun ist es Johannes der Täufer, der das Licht bezeugt.
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Dem Evangelisten ist es wichtig zu betonen, dass der Täufer das Licht zwar bezeugt, aber nicht selbst das Licht ist. Johannes der Täufer war eine äußerst beliebte Gestalt, weil er nach hunderten von Jahren wieder der erste Prophet war. Er galt allgemein als von Gott gesandt. Da einige dachten, er könne der Messias sein, musste der Evangelist klarstellen, dass er es nicht war. Er war nur sein Vorläufer.
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Abschnitt 3 – Die Entscheidung
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Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, kam in die Welt. Er war in der Welt und die welt ist durch ihn geworden, aber die Welt erkannte ihn nicht. Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf. Allen aber, die ihn aufnahmen, gab er die Macht, Kinder Gottes zu werden, allen, die nicht aus dem Blut, nicht aus dem Willen des Mannes, sondern aus Gott geboren sind. (1, 9-13)
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Trotz des Zeugnisses des Johannes wiesen viele das Licht zurück und entschieden sich, weiter in der Finsternis zu leben. Diese Entscheidung ist möglich, weil Gott uns allen das Geschenk der Freiheit gegeben hat. Er will uns nicht zum Glauben zwingen. Aber diejenigen, die an den Namen Jesu glauben und sein Licht annehmen, werden als Kinder Gottes neu erschaffen.
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Die Menschwerdung
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Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt und wir haben seine Herrlichkeit geschaut, die Herrlichkeit des einzigen Sohnes vom Vater, voll Gnade und Wahrheit. (1, 14)
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Dieser Vers bildet das Zentrum des Prologs und – der chiastischen Struktur entsprechend – enthält den wichtigsten Gedanken. Johannes reagiert damit auf die Häresie des Doketismus. Das Wort ‚Doketismus' leitet sich vom griechischen Verb dokeÄ©n ‚scheinen' ab, und vom Wort dókÄsis, was ‚Erscheinung' oder ‚Phantom' bedeutet. Obwohl diese Häresie in unterschiedlichen Formen vorkam, ist ihnen allen gemeinsam, dass sie das Menschsein Jesu leugnen. Sie behaupten, Jesus sei kein wirklicher Mensch gewesen, weil ihm ein echter Körper gefehlt habe; es hätte nur geschienen, als habe er einen Körper. Johannes antwortet darauf mit der klaren Feststellung: Das Wort ist Fleisch geworden. Auf diese Weise betont er die Tatsache, dass Jesus einen echten, physischen Körper hatte und daher wahrer Mensch war.
Das Wort ‚In-karnation' [Fleischwerdung/Menschwerdung] kommt von der lateinischen Übersetzung „et verbum caro factum est" (Joh 1, 14).
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Jesus und der neue Exodus
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Abschnitt 1 – Exodus-Bilder
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Beginnend mit Vers 14, erzählt Johannes die Geschichte Jesu, der in die Welt kam, diesmal mit Bildern aus dem Exodus. Das griechische Wort skÄnóÅ hier übersetzt als ‚wohnen', bedeutet eigentlich ‚schlug sein Zelt (skÄnÄ) auf' oder ‚lebte in seinem Zelt'. Dieses Wort soll uns an das Offenbarungszelt erinnern, das Mose errichtete (vgl. Ex 26, 36 und 40). Nachdem Mose alle Weihevorschriften erfüllt hatte, heißt es
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... bedeckte die Wolke das Offenbarungszelt und die Herrlichkeit des HERRN erfüllte die Wohnung. (Ex 40, 34)
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Johannes will damit andeuten, dass Jesus der neue Tabernakel, das neue Offenbarungszelt ist. So wie Gott vom Himmel herabkam, um im ursprünglichen Offenbarungszelt zu wohnen, um bei seinem Volk zu sein, so ist er auch jetzt herabgekommen, um auf eine persönlichere Weise unter uns zu wohnen als das menschgewordene Wort. Jesus ist jetzt der Ort der Gegenwart Gottes unter uns. Und so wie die Israeliten die Herrlichkeit des Herrn in Form der Wolke und des Feuers auf und in der Stiftshütte sahen –
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Bei Tag schwebte die Wolke des HERRN über der Wohnung, bei Nacht aber war Feuer in ihr vor den Augen des ganzen Hauses Israel auf all ihren Wanderungen. (Ex 40, 38)
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– so können auch wir Gottes Herrlichkeit in seinem Sohn Jesus Christus sehen. Im Johannes-Evangelium offenbart Jesus seine Herrlichkeit durch die Zeichen, die er wirkt: „So tat Jesus sein erstes Zeichen, in Kana in Galiläa, und offenbarte seine Herrlichkeit und seine Jünger glaubten an ihn" (2, 11). Der Glaube ist notwendig, damit wir seine Herrlichkeit sehen können.
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Abschnitt 2 – Johannes der Täufer
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Johannes legt Zeugnis für ihn ab und ruft: Dieser war es, über den ich gesagt habe: Er, der nach mir kommt, ist mir voraus, weil er vor mir war. (1, 15)
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Wie bereits zuvor unterbricht der Evangelist seinen Bericht über Jesus, um uns zu erzählen, wie Johannes der Täufer ihn bezeugte. Und noch einmal weist er darauf hin, dass Johannes nicht der Messias ist.
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Abschnitt 3 – Die Entscheidung
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Aus seiner Fülle haben wir alle empfangen, Gnade über Gnade. Denn das Gesetz wurde durch Mose gegeben, die Gnade und die Wahrheit kamen durch Jesus Christus. (1, 16-17)
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So wie Gott den Israeliten das Gesetz – sein Wort – durch Mose gab, haben wir jetzt die Fülle seiner Gnade durch Jesus Christus empfangen. Gottes Gesetz war ein großes Geschenk der Liebe. Es ließ die Israeliten wissen, was Gott von ihnen erwartete, aber es machte sie nicht fähig, danach zu leben. Gottes Gnade hingegen ist höherrangig, weil sie uns befähigt, nach seinem Willen zu leben. Sie erschafft uns neu als seine Kinder, sodass wir imstande sind, am göttlichen Leben teilzuhaben. Johannes stellt beides gegenüber, und der Leser muss sich zwischen ihnen entscheiden.
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Was Johannes in einem Satz poetisch beschreibt, entwickelte Paulus systematischer.
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Fangen wir schon wieder an, uns selbst zu empfehlen? Oder brauchen wir – wie gewisse Leute – Empfehlungsschreiben an euch oder von euch? Unser Brief seid ihr; eingeschrieben in unsere Herzen und von allen Menschen erkannt und gelesen. Unverkennbar seid ihr ein Brief Christi, ausgefertigt durch unseren Dienst, geschrieben nicht mit Tinte, sondern mit dem Geist des lebendigen Gottes, nicht auf Tafeln aus Stein, sondern – wie auf Tafeln – in Herzen von Fleisch.
Wir haben durch Christus so großes Vertrauen zu Gott. Doch sind wir dazu nicht von uns aus fähig, als ob wir uns selbst etwas zuschreiben könnten; unsere Befähigung stammt vielmehr von Gott. Er hat uns fähig gemacht, Diener des Neuen Bundes zu sein, nicht des Buchstabens, sondern des Geistes. Denn der Buchstabe tötet, der Geist aber macht lebendig. Wenn aber schon der Dienst des Todes, dessen Buchstaben in Stein gemeißelt waren, so herrlich war, dass die Israeliten das Gesicht des Mose nicht anschauen konnten, weil es eine Herrlichkeit ausstrahlte, die doch vergänglich war, wie sollte da der Dienst des Geistes nicht viel herrlicher sein? Denn wenn schon der Dienst der Verurteilung herrlich war, so ist der Dienst der Gerechtigkeit noch viel herrlicher. Eigentlich ist das Verherrlichte nämlich in diesem Fall gar nicht verherrlicht angesichts der überragenden Herrlichkeit. Wenn nämlich schon das Vergängliche in Herrlichkeit erschien: Die Herrlichkeit des Bleibenden wird es überstrahlen. Weil wir also eine solche Hoffnung haben, treten wir mit großem Freimut auf, nicht wie Mose, der über sein Gesicht eine Hülle legte, damit die Israeliten das Ende des Vergänglichen nicht sahen. Doch ihr Denken wurde verhärtet. Denn bis zum heutigen Tag liegt die gleiche Hülle auf dem Alten Bund, wenn daraus vorgelesen wird; sie wird nicht aufgedeckt, weil sie in Christus beseitigt wird. Bis heute liegt die Hülle auf ihrem Herzen, wenn Mose vorgelesen wird. Sobald er aber zum Herrn zurückkehrt, wird die Hülle entfernt. Der Herr aber ist der Geist; wo aber der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit. Wir alle aber schauen mit enthülltem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn wie in einem Spiegel und werden so in sein eigenes Bild verwandelt, von Herrlichkeit zu Herrlichkeit, durch den Geist des Herrn. (2 Kor 3)
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Jetzt sind wir in der Lage, Gott zu erkennen, seine Gnade zu empfangen und über seine Herrlichkeit nachzusinnen. Dies ist möglich, weil jemand, der bei Gott war und ihn gesehen hat, Mensch geworden ist und zu uns kam, um uns Gott zu offenbaren. Johannes braucht 17 Verse, um diesen Gedanken zu entwickeln, ehe er schließlich seinen Namen offenbart. Diese Person, Jesus Christus, ist das menschgewordene Wort Gottes, durch das wir die Gnade empfangen, neu erschaffen und Gottes Kinder zu werden. So wie Johannes Jesus bezeugt, so bezeugt auch Jesus Christus Gott. ā
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Aufgaben
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Beschreiben Sie den Aufbau des Prologs!
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āErklären Sie die Bedeutung der Bilder von Jesus als dem Wort Gottes und Jesus als dem Sohn Gottes!
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āZeigen Sie, wie Johannes anhand von Bildern aus den Schöpfungs- und der Exoduserzählungen übermittelt, dass wir in Jesus eine neue Schöpfung und einen neuen Exodus haben!
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