Die Hauptthemen
Die Identität Jesu

(Foto: Zachary Olson auf Unsplash)
Übersicht
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In dieser Lerneinheit werden wir uns anschauen, wie Markus sein Hauptthema entwickelt: Jesu Identität. Jesus setzt die Menschen, denen er begegnet, in Erstaunen und sie fragen sich, wer er ist. Auch wir stehen vor der gleichen Frage. Markus antwortet jedoch nicht direkt auf diese Frage. Sein ganzes Evangelium bildet die Antwort. Es offenbart nach und nach, wer Jesus ist, indem es von seinen Worten und Taten erzählt. Jesu Wunder und Lehren im ersten Teil des Evangeliums erweisen, dass er Gott ist. Seine prophetischen Handlungen und Lehren im zweiten Teil offenbaren, dass er als König gekommen ist, um Israel und seinen Tempel zu richten. Aber Markus zeigt uns auch die menschliche Seite Jesu.
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Lernziele
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Sie werden diese Lerneinheit erfolgreich abgeschlossen haben, wenn Sie
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erklären können, warum die Identität Jesu für Markus ein wichtiges Thema ist;
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erklären können, wie das Evangelium aufzeigt, dass Jesus wahrer Mensch war;
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erklären können, wie im Evangelium nach und nach Jesu Gottheit enthüllt wird;
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erklären können, wie das Evangelium offenbart, dass Jesus als König und Richter gekommen ist.
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„Wer ist denn dieser"?
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Wer ist Jesus? Für Markus war dies ein wichtiges Thema, denn er berichtet oft von den Reaktionen der Menschen auf ihn. Natürlich ist klar, für wen Markus Jesus hält, aber andere Menschen fühlten sich durch Jesu Lehren und Taten herausgefordert. Wer mit ihm in Berührung kommt, ringt darum, seine Identität zu erfassen. Das gilt auch für uns heute. Auch wir fragen: Wer ist er?
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Zum Beispiel wundern sich die Leute in Kafarnaum, die erleben, wie Jesus in der Synagoge einen Dämon austreibt: „Was ist das? Eine neue Lehre mit Vollmacht: Sogar die unreinen Geister gehorchen seinem Befehl“ (1, 27). Als Jesus einen Gelähmten heilt und ihm gleichzeitig seine Sünden vergibt, fragen sich die Schriftgelehrten: „Wie kann dieser Mensch so reden? Er lästert Gott. Wer kann Sünden vergeben außer dem einen Gott?“ (2, 7). Nachdem Jesus Levi, den Zöllner, in seine Nachfolge berufen hat, kritisieren die Pharisäer: „Wie kann er zusammen mit Zöllnern und Sündern essen?“ (2, 16).
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Als er in seine Heimatstadt zurückkehrt, fragen sich seine Verwandten verwundert: „Woher hat er das alles? Was ist das für eine Weisheit, die ihm gegeben ist! Und was sind das für Machttaten, die durch ihn geschehen! Ist das nicht der Zimmermann, der Sohn der Maria und der Bruder von Jakobus, Joses, Judas und Simon? Leben nicht seine Schwestern hier unter uns?“ (6, 2-3). Und als Herodes einige sagen hört, dass Jesus Elija oder einer der anderen Propheten sei, entgegnet er, Jesus sei Johannes der Täufer, den er habe enthaupten lassen. (6, 16)
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Selbst die Apostel, die Jesus ja am nächsten stehen, ringen um das Verständnis seiner Identität. Als sich auf sein Wort hin der Sturm auf dem See legt, staunen sie: „Wer ist denn dieser, dass ihm sogar der Wind und das Meer gehorchen?“ (4, 41b). Als er ihnen auf dem Wasser gehend entgegenkommt, „... meinten sie, es sei ein Gespenst, und schrien auf. Alle sahen ihn und erschraken“ (6, 49-50).
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Auf ihrem Weg zu den Dörfern bei Caesarea Philippi, dringt Jesus in sie und fragt: „Für wen halten mich die Menschen?“ (8, 27). Sie antworten, dass die Menschen ihn für Johannes den Täufer halten, andere für Elija oder einen der übrigen Propheten. Darauf fragt er sie: „Ihr aber, für wen haltet ihr mich?“ (8, 29). Petrus erwidert: „Du bist der Christus“ (8, 30).
Dieses Bekenntnis ist ein Meilenstein im Evangelium. Ton und Thematik ändern sich nun. Die Frage nach der Identität Jesu findet sich erst wieder, als er in Jerusalem einzieht. Nach der Tempelreinigung bedrängen die Hohepriester, die Schriftgelehrten und die Ältesten ihn: „In welcher Vollmacht tust du das? Wer hat dir diese Vollmacht gegeben, das zu tun?“ (11, 28). Während seines Verhörs taucht die Frage noch zweimal auf. Zuerst will der Hohepriester wissen: „Bist du der Christus, der Sohn des Hochgelobten?“ (14, 61); und anschließend fragt auch Pilatus nach: „Bist du der König der Juden?“ (15, 2).
Kurz gesagt, jeder, dem Jesus begegnet, muss sich fragen, wer er ist. Aber Markus beantwortet diese Fragen nicht. Er hält sich absichtlich bedeckt, damit sich der Leser seine eigenen Gedanken macht. Die Identität Jesu ist das Hauptthema seiner Botschaft. Wer ist er? Als Christen kennen wir die Antwort: Er ist Gott selber – erschienen im Fleisch. Doch theoretisches Wissen allein genügt nicht. Wir sollten auch in der Lage sein, es uns und anderen zu erklären. Dabei kann hilfreich sein zu wissen, was Markus über ihn sagt.
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Jesus ist wahrer Mensch
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Markus will mit seinem Evangelium bezeugen, dass Jesus der Christus ist, der Sohn Gottes. Deshalb hat er sein Evangelium verfasst. Gleichzeitig scheut er sich nicht, uns auch die menschliche Seite Jesu zu zeigen. Wir sahen bereits bei der Analyse des ersten Kapitels, wie Markus von einem typischen Tag im Leben Jesu berichtet. Menschlich gesprochen, lebte er ein ausgewogenes Leben mit Zeiten für Gebet, Arbeit, Ruhe, Familie und Freunde. Wir sahen auch, dass Jesus eine sehr tatkräftige Person war – immer unterwegs für seine Mission.
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Seine Menschlichkeit zeigt sich ebenso, wenn wir durch die Augen seiner Verwandten und Nachbarn blicken.
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Von dort brach Jesus auf und kam in seine Heimatstadt; seine Jünger folgten ihm nach. Am Sabbat lehrte er in der Synagoge. Und die vielen Menschen, die ihm zuhörten, gerieten außer sich vor Staunen und sagten: Woher hat er das alles? Was ist das für eine Weisheit, die ihm gegeben ist! Und was sind das für Machttaten, die durch ihn geschehen! Ist das nicht der Zimmermann, der Sohn der Maria und der Bruder von Jakobus, Joses, Judas und Simon? Leben nicht seine Schwestern hier unter uns? Und sie nahmen Anstoß an ihm. Da sagte Jesus zu ihnen: Nirgends ist ein Prophet ohne Ansehen außer in seiner Heimat, bei seinen Verwandten und in seiner Familie. Und er konnte dort keine Machttat tun; nur einigen Kranken legte er die Hände auf und heilte sie. Und er wunderte sich über ihren Unglauben. (Mk 6, 1-6)
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Es fällt ihnen schwer, an Jesus zu glauben, weil sie ihn hatten aufwachsen sehen: Sie kannten seine Eltern, hatten ihn in Windeln gesehen, nach einem Sturz seine blutigen Knie verarztet und sein Weinen gehört, wenn er hungrig war. Nie wäre ihnen in den Sinn gekommen, dass er etwas Anderes sein könnte als ein ganz normaler Mensch.
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Markus verschweigt auch nicht, dass Jesus menschliche Gefühle hatte.
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Er wird von Mitleid überwältigt, als ein Aussätziger vor ihm niederkniet und seine Hilfe erfleht. (1, 41)
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Er ist zornig und traurig wegen der verhärteten Herzen seines Volkes. (3, 5)
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Er ist so müde, dass er mitten im Sturm im Heck eines Bootes einschläft. (4, 38)
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Er ist erstaunt angesichts des Unglaubens der Juden. (6, 6)
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Er hat Mitleid mit den Menschen; denn sie sind wie Schafe, die keinen Hirten haben. (6, 34)
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Er seufzt tief auf, als die Pharisäer mit ihm streiten und um ein Zeichen bitten. (8, 12)
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Er ist entrüstet, als die Apostel die Leute daran hindern wollen, ihre Kinder zu ihm zu bringen. (10, 14)
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Er sieht den reichen Mann liebevoll an. (10, 21)
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Im Garten Getsemani wird er von Furcht und Angst ergriffen, und seine Seele ist zu Tode betrübt. (14, 33-34)
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Markus nennt Jesus Messias und Sohn Gottes. Andere reden ihn mit Lehrer, Rabbi, Herr und Sohn Davids an. Jesus selber bezeichnet sich meist als Menschensohn:
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Damit ihr aber erkennt, dass der Menschensohn die Vollmacht hat, auf der Erde Sünden zu vergeben ... (2, 10)
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Und Jesus sagte zu ihnen: Der Sabbat wurde für den Menschen gemacht, nicht der Mensch für den Sabbat. Deshalb ist der Menschensohn Herr auch über den Sabbat. (2, 27-28)
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Dann begann er, sie darüber zu belehren: Der Menschensohn muss vieles erleiden. (8, 31)
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Denn wer sich vor dieser treulosen und sündigen Generation meiner und meiner Worte schämt, dessen wird sich auch der Menschensohn schämen, wenn er mit den heiligen Engeln in der Herrlichkeit seines Vaters kommt. (8, 38)
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Während sie den Berg hinabstiegen, gebot er ihnen, niemandem zu erzählen, was sie gesehen hatten, bis der Menschensohn von den Toten auferstanden sei. (9, 9)
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Er antwortete: Ja, Elija kommt zuerst und stellt alles wieder her. Aber warum heißt es dann vom Menschensohn in der Schrift, er werde viel leiden müssen und verachtet werden? (9, 12)
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Er belehrte seine Jünger und sagte zu ihnen: Der Menschensohn wird in die Hände von Menschen ausgeliefert und sie werden ihn töten; doch drei Tage nach seinem Tod wird er auferstehen. (9, 31)
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Siehe, wir gehen nach Jerusalem hinauf; und der Menschensohn wird den Hohepriestern und den Schriftgelehrten ausgeliefert; sie werden ihn zum Tod verurteilen und den Heiden ausliefern. (10, 33)
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Denn auch der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele. (10, 45)
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Dann wird man den Menschensohn in Wolken kommen sehen, mit großer Kraft und Herrlichkeit. (13, 26)
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Doch weh dem Menschen, durch den der Menschensohn ausgeliefert wird! (14, 21)
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Es ist genug. Die Stunde ist gekommen; siehe, jetzt wird der Menschensohn in die Hände der Sünder ausgeliefert. (14, 41)
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Jesus sagte: Ich bin es. Und ihr werdet den Menschensohn zur Rechten der Macht sitzen und mit den Wolken des Himmels kommen sehen. (14, 62)
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Nur Jesus nennt sich so. Die Bedeutung dieses Begriffs ist unter Wissenschaftlern umstritten. Einige behaupten, damit solle ausgedrückt werden, dass Jesus von einer menschlichen Mutter geboren wurde. Andere beziehen diese Eigenbezeichnung Jesu auf den messianischen Titel in Daniel 7, 13.
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Immer noch hatte ich die nächtlichen Visionen:
Da kam mit den Wolken des Himmels / einer wie ein Menschensohn.
Er gelangte bis zu dem Hochbetagten / und wurde vor ihn geführt.
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Der Kontext der Prophezeiung impliziert, dass dieser Menschensohn mehr ist als ein Mensch. Eine dritte Gruppe von Wissenschaftlern vertritt die Ansicht, dass dieser Titel nur ein idiomatischer Ausdruck sei, der damals gängig war, um beim Sprechen auf sich selbst zu verweisen, und dass er nichts über Jesu menschliche Natur aussage.
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Markus betont auch die Körperlichkeit Jesu: So scheut er sich nicht vor dem Gedränge gewöhnlicher Menschen (5, 24); bei Festgelagen isst und trinkt er mit Sündern (2, 15-18). Er kommt anderen Menschen körperlich nahe und heilt die Kranken häufig, indem er sie berührt: die Schwiegermutter des Petrus (1, 31), den Leprakranken (1, 41) und die Tochter des Jairus (5, 41). Einmal heilt er sogar einen Mann, der taub war und nur stammeln konnte, indem er seine Finger in sein Ohr steckt und seine Zunge mit Speichel bestreicht. (7, 31-37) Auch einen Blinden heilt er, indem er dessen Augen mit Speichel benetzt und ihm die Hände auflegt. (8, 22-26) Diese beiden Wunder finden sich nur im Markus-Evangelium. All diese Erzählungen unterstreichen, dass Jesus wahrer Mensch war.
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Jesus ist wahrer Gott
Jesu Wunder
Johannes schließt sein Evangelium mit den Worten: „Wenn man alles [Jesu Wunder] einzeln aufschreiben wollte, so könnte, wie ich glaube, die ganze Welt die dann geschriebenen Bücher nicht fassen“ (Joh 21, 25). Wir wissen also, dass Jesus weit mehr Wunder wirkte, als Markus aufführt. Aber obwohl Jesus Mitleid mit den Menschen hatte, kam er nicht, um alle Kranken in Israel zu heilen. Nach seiner Himmelfahrt gab es weiterhin viele Kranke in Jerusalem. Sondern er kam, um uns von unseren Sünden zu erretten.
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Im Markus-Evangelium haben die Wunder Jesu eine pädagogische Funktion. Markus will uns dadurch zeigen, dass Jesus Gott ist. Jesus geht nicht „Ich bin Gott!“ rufend umher. Aber wenn wir seine Wunder im Lichte des Alten Testaments betrachten, wird deutlich, dass sie seine göttliche Identität offenbaren. Dies scheint zumindest Markus' Absicht zu sein. So steht im zweiten Kapitel, wie Jesus einen Gelähmten heilt, dem er zuvor seine Sünden vergeben hat.
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Als Jesus ihren Glauben sah, sagte er zu dem Gelähmten: Mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben! (2, 5)
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Mit diesem Satz bekräftigt Jesus, dass er Gott ist. Wie das? Im Alten Testament ist es Gott, der Sünden vergibt.
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Preise den HERRN, meine Seele,
und alles in mir seinen heiligen Namen!
Preise den HERRN, meine Seele,
und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat!
Der dir all deine Schuld vergibt
und all deine Gebrechen heilt, ... (Ps 103, 1-3)
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Selig der, dessen Frevel vergeben
und dessen Sünde bedeckt ist.
Selig der Mensch, dem der HERR die Schuld nicht zur Last legt
und in dessen Geist keine Falschheit ist. (Ps 32, 1-2)
Kommt doch, wir wollen miteinander rechten, / spricht der HERR.
Sind eure Sünden wie Scharlach, / weiß wie Schnee werden sie.
Sind sie rot wie Purpur, / wie Wolle werden sie. (Jes 1, 18)
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Vielleicht erscheint uns das als zu weit hergeholt, aber beachten Sie, wie die Schriftgelehrten reagieren.
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Einige Schriftgelehrte aber, die dort saßen, dachten in ihrem Herzen: Wie kann dieser Mensch so reden? Er lästert Gott. Wer kann Sünden vergeben außer dem einen Gott? (Mk 2, 6-7)
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Sie waren jüdische Gelehrte, die biblisches Recht studierten und lehrten. Weil sie das Alte Testament so gut kannten, interpretierten sie die Worte Jesu so.
Bereits bei der Analyse von Kapitel 1 sahen wir, dass die Heilung des Leprakranken Jesu Gottheit offenbarte; und die Untersuchung der Strukturen des Evangeliums erwies, dass Markus durch die Zusammenstellung der vier Wunder Jesu grenzenlose göttliche Macht hervorhob.
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Jesu Lehren
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Die Menschen reagierten sehr unterschiedlich auf die Wunder Jesu. Die einfachen Leute staunten und priesen Gott. Leider fiel die Reaktion der Schriftgelehrten und Pharisäer weniger günstig aus. Sie waren gebildet und kannten das Alte Testament gut. Deshalb erfassten sie den tieferen Sinn der Wunder – nämlich dass Jesus den Anspruch erhob, Gott zu sein.
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Daher führten seine Wunder zu einer Reihe von Auseinandersetzungen mit den religiösen Autoritäten. Bei diesen Streitgesprächen offenbart sich Jesu große Weisheit. Nicht nur bringt er seine Gegner zum Verstummen, sondern seine Worte bestätigen seine Göttlichkeit noch, indem sie die Bedeutung seiner Handlungen unterstreichen.
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Als die Pharisäer seine gemeinsamen Mahlzeiten mit den Sündern kritisieren, antwortet er: „Nicht die Gesunden bedürfen des Arztes, sondern die Kranken. Ich bin nicht gekommen, um Gerechte zu rufen, sondern Sünder“ (2, 17). Diese Entgegnung macht deutlich, dass er ein Arzt oder Heiler ist. Nun, im Alten Testament ist Gott unser Heiler.
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Sie schrien zum HERRN in ihrer Bedrängnis
und er rettete sie aus ihren Nöten,
er sandte sein Wort, um sie zu heilen ... (Ps 107, 19-20)
Auf, lasst uns zum HERRN zurückkehren! / Denn er hat gerissen, er wird uns auch heilen; / er hat verwundet, er wird uns auch verbinden. (Hos 6, 1)
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Deshalb erhebt Jesus wieder einmal indirekt den Anspruch, Gott zu sein. Als die Pharisäer tadeln, dass seine Jünger nicht fasten, lässt seine Antwort erkennen, dass er sich als Bräutigam versteht:
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Können denn die Hochzeitsgäste fasten, solange der Bräutigam bei ihnen ist? Solange der Bräutigam bei ihnen ist, können sie nicht fasten. (2, 19)
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Im Alten Testament ist Gott der Bräutigam.
Denn dein Schöpfer ist dein Gemahl, / HERR der Heerscharen ist sein Name. (Jes 54, 5)
Wie der junge Mann die Jungfrau in Besitz nimmt, / so nehmen deine Söhne dich in Besitz. Wie der Bräutigam sich freut über die Braut, / so freut sich dein Gott über dich. (Jes 62, 5)
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Auf den Vorwurf, die Sabbatruhe zu verletzen, entgegnet Jesus, dass er der Herr über den Sabbat sei.
Und Jesus sagte zu ihnen: Der Sabbat wurde für den Menschen gemacht, nicht der Mensch für den Sabbat. Deshalb ist der Menschensohn Herr auch über den Sabbat. (2, 27-28)
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Weil Gott selber den Sabbat angeordnet hat, ist er Herr über ihn.
Gedenke des Sabbats: Halte ihn heilig! Sechs Tage darfst du schaffen und all deine Arbeit tun. Der siebte Tag ist ein Ruhetag, dem HERRN, deinem Gott, geweiht. … Denn in sechs Tagen hat der HERR Himmel, Erde und Meer gemacht und alles, was dazugehört; am siebten Tag ruhte er. Darum hat der HERR den Sabbat gesegnet und ihn geheiligt. (Ex 20, 8-11)
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Wir können noch einmal zusammenfassen: Jesus offenbart seine göttliche Identität nicht direkt. Er geht nicht umher und ruft: „Ich bin Gott!“. Aber durch seine Taten und Worte enthüllt er nach und nach, dass er wirklich Gott ist.
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Die messianische Identität Jesu als König und Richter
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Jesus ist nicht nur der Gott-mit-uns, er ist auch als König gekommen, um Israel und den Tempel zu richten.
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Jesu prophetische Handlungen
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Markus folgt einem ähnlichen Muster, wie bereits oben im zweiten Teil seines Evangeliums beschrieben. Nachdem Jesus in Jerusalem eingezogen ist, vollzieht er drei prophetische Handlungen:
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Er zieht in Jerusalem auf einem Esel ein.
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Er verflucht einen Feigenbaum.
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Er reinigt den Tempel.
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Damit ahmt er die Propheten des Alten Testaments nach, die ebenfalls offensichtlich seltsame Dinge taten:
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Jesaja zog sich aus und ging nackt umher. (Jes 20)
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Jeremia versteckte seinen Lendenschurz in einem Felsspalt und holte ihn erst nach vielen Tagen wieder heraus. (Jer 13)
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Hosea heiratete eine Prostituierte und nannte seine Tochter Lo-Ruhama, das heißt ,kein Erbarmen'. (Hos 1)
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Ezechiel rasierte seinen Bart mit einem Schwert ab und teilte die abgeschnittenen Haare in drei Teile. Ein Drittel verbrannte er, ein Drittel verstreute er in der ganzen Stadt und das letzte Drittel streute er in den Wind. (Ez 5)
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Dies sind nur vier Beispiele symbolischer Handlungen von Propheten, aber wir könnten weitere angeben. Jesus tat wie sie seltsame Dinge, weil er damit eine Botschaft vermitteln wollte: seine messianische Identität als König und Richter. Wenn wir seinen Einzug in Jerusalem mit Textstellen aus dem Alten Testament vergleichen – z. B. Sacharja 9, 9 – erkennen wir, dass er die Stadt als König betritt.
Juble laut, Tochter Zion! / Jauchze, Tochter Jerusalem! Siehe, dein König kommt zu dir. / Gerecht ist er und Rettung wurde ihm zuteil, demütig ist er und reitet auf einem Esel, / ja, auf einem Esel, dem Jungen einer Eselin.
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Oder in Psalm 118, 24-27:
Dies ist der Tag, den der HERR gemacht hat;
wir wollen jubeln und uns über ihn freuen.
Ach, HERR, bring doch Rettung!
Ach, HERR, gib doch Gelingen!
Gesegnet sei, der da kommt im Namen des HERRN!
Wir segnen euch vom Haus des HERRN her.
Gott ist der HERR.
Er ließ Licht für uns leuchten.
Tanzt den Festreigen mit Zweigen
bis zu den Hörnern des Altars!
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Jesus kommt als König, aber seine Absichten sind friedlich und voller Demut. Er kommt zwar nicht, um als Kriegskönig machtvoll zu regieren, aber er kommt tatsächlich, um Israel zu richten. Die Propheten verwendeten den Feigenbaum häufig als symbolische Darstellung für das Verhältnis zwischen Israel und Gott.
Ich will sie ernten und ihnen ein Ende machen – Spruch des HERRN. / Keine Trauben sind am Weinstock, keine Feigen am Feigenbaum / und das Laub ist verwelkt. / Darum habe ich für sie Verwüster bestellt. (Jer 8, 13)
Weh mir! Es geht mir wie nach der Obsternte, / wie bei der Nachlese im Weinberg: Keine Traube ist da zum Essen, / keine Frühfeige, die mein Herz begehrt. Verschwunden sind die Treuen im Land, / kein Redlicher ist mehr unter den Menschen. (Mi 7, 1-2)
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Und die Zerstörung des Feigenbaums wird mit Verurteilung in Verbindung gebracht.
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Und ich werde ihren Weinstock und ihren Feigenbaum verwüsten. (Hos 2, 14)
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Jesus verurteilte und verfluchte den Feigenbaum, weil er ein Symbol für den Tempel war. Mit der Vertreibung der Händler aus dem Tempel will er andeuten, dass der Tempel wie ein Feigenbaum ist: zwar reich an Blattwerk – symbolisch für die vielen rituellen Zeremonien und Opfer – aber ohne die von Gott erwartete Frucht: aufrichtiges Gebet, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit.
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Die Lehren Jesu
Wie seine Wunder im ersten Teil des Evangeliums so rufen auch Jesu prophetische Handlungen Ablehnung hervor.
Als er im Tempel umherging, kamen die Hohepriester, die Schriftgelehrten und die Ältesten zu ihm und fragten ihn: In welcher Vollmacht tust du das? Wer hat dir diese Vollmacht gegeben, das zu tun? (11, 27-28)
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Der Streit scheint in einer Pattsituation zu enden, da Jesus sich weigert, auf ihre Frage zu antworten, solange sie seine Frage über den Ursprung der Taufe des Johannes nicht beantworten. Dann aber erzählt Jesus ihnen das folgende Gleichnis:
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Jesus begann zu ihnen in Gleichnissen zu reden: Ein Mann legte einen Weinberg an, zog ringsherum einen Zaun, hob eine Kelter aus und baute einen Turm. Dann verpachtete er den Weinberg an Winzer und reiste in ein anderes Land. Als nun die Zeit dafür gekommen war, schickte er einen Knecht zu den Winzern, um bei ihnen seinen Anteil an den Früchten des Weinbergs holen zu lassen. Sie aber packten und prügelten ihn und jagten ihn mit leeren Händen fort. Darauf schickte er einen anderen Knecht zu ihnen; und ihn schlugen sie auf den Kopf und entehrten ihn. Als er einen dritten schickte, brachten sie ihn um. Ähnlich ging es vielen anderen; die einen wurden geprügelt, die andern umgebracht. Schließlich blieb ihm nur noch einer: sein geliebter Sohn. Ihn sandte er als Letzten zu ihnen, denn er dachte: Vor meinem Sohn werden sie Achtung haben. Die Winzer aber sagten zueinander: Das ist der Erbe. Auf, wir wollen ihn umbringen, dann gehört sein Erbe uns. Und sie packten ihn und brachten ihn um und warfen ihn aus dem Weinberg hinaus. (12, 1-8)
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Dieses Gleichnis ist seine Antwort auf ihre Frage, und sie offenbart die Quelle seiner Autorität. Der Weinberg steht für das Volk der Juden. Er war ein gängiges Bild für die Menschen im Alten Testament. Der Besitzer des Weinbergs, der Gottvater repräsentiert, sendet viele Knechte, die Vieles zu erleiden haben, genau wie Gottes Propheten des Alten Testaments.
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Schließlich sendet der Weinbergbesitzer seinen geliebten Sohn, der Jesus repräsentiert. Erinnern Sie sich, dass Gott während der Taufe Jesu vom Himmel her verkündete: „Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen gefunden“ (Mk 1, 11). Durch die Erzählung dieses Gleichnisses offenbart Jesus, dass er die Vollmacht hat, zu richten und den Tempel zu reinigen, weil er der Sohn Gottes ist. Aber so wie die Menschen im Gleichnis am Ende den Sohn töten, so werden sie auch ihn töten.
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Aufgaben
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Nennen und beschreiben Sie mindestens drei Stellen im Evangelium, die zeigen, wie die Menschen mit der Frage nach der Identität Jesu rangen!
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Beschreiben Sie mindestens drei unterschiedliche Wege, auf denen Markus die Menschheit Jesu erweist!
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Erläutern Sie, wie Markus die Gottheit Jesu aufzeigt!
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Erläutern Sie, wie Markus aufzeigt, dass Jesus gekommen ist, um Israel und seinen Tempel zu richten!
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Fügen Sie die prophetischen Handlungen Jesu und seine Streitgespräche mit der jüdischen Führung (Kapitel 2-3 und 11–12) in die Tabelle ein, die Sie in einer früheren Lerneinheit über seine Wunder angelegt haben! Können Sie ein Muster erkennen? Dazu können Sie die angehängte Datei verwenden (Excel oder PDF-Format).